Präventionsangebote gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen im Kontext von religiösen Organisationen, Sport und musikalischer Bildung

Kurzbeschreibung
Die Folgen von sexuellem Kindesmissbrauch sind sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft erheblich: Die Betroffenen leiden regelmäßig unter lang anhaltenden psychosozialen und körperlichen Gesundheitsfolgen. Präventions- und Interventionsmaßnahmen zur Bekämpfung des Problems sind dringend erforderlich. Es ist jedoch nicht nur notwendig, Ressourcen für die Entwicklung von Programmen bereitzustellen. Im Rahmen eines nachhaltigen Ansatzes zur Bekämpfung sexuellen Kindesmissbrauchs ist das Sammeln epidemiologischer Daten über das Ausmaß des Problems auch mit der Notwenigkeit verbunden, Erkenntnisse über die Durchführung von Präventions- und Interventionsprogrammen in verschiedenen Kontexten zu gewinnen. Leider gibt es nur wenige Bemühungen, die regionale Verfügbarkeit und Zugänglichkeit verschiedener Arten von Programmen für sexuell missbrauchte Kinder und erwachsene Betroffene, deren Evidenzbasis oder Finanzierungsmodelle systematisch zu erfassen. In Deutschland fehlen derartige Bestandsaufnahmen zur Umsetzung von Program-men zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch im Kontext von religiösen Organisationen, Sport, Chören und musikalischer Bildung völlig. Ohne eine systematische Analyse der Umsetzung von Programmen fehlen uns Informationen über mögliche Lücken in der evidenz-basierten Prävention und Intervention, über Lücken in Programmen für spezifische, gefährdete Gruppen usw., die eine Forderung nach einer Ausweitung der Umsetzung von Best-Practice-Programmen unterstützen würden. Da es an Wissen über die erfolgreiche Umsetzung von Best-Practice-Programmen mangelt, können sich potenziell schädliche Alternativen verbreiten.

Das Forschungsvorhaben zielt daher darauf ab, diese Wissenslücke über die Umsetzung von Programmen und deren Qualitätsindikatoren mit einer ersten Kartierung von Programmen für sexuell viktimisierte Kinder und erwachsene Betroffene im Kontext von religiösen Organisationen, Sport, Chören und musikalischer Bildung in Deutschland zu schließen. Auf Basis einer Internetrecherche werden Präventionsangebote und Schutzkonzepte zur Vorbeugung sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen in religiösen Organisationen, Sportvereinen und der musikalischen Bildung in Bayern identifiziert und auf Präventionsform, Präventionsart, Adressat*innen des Angebots und Alter der Mitglieder des Vereins/ der Organisation hin analysiert. Anhand dieses Ertrags werden „Best-Practice-Beispiele“ herausgearbeitet. Diese Organisationen und Vereine werden kontaktiert und die Mitarbeitenden mittels halbstrukturierter Interviews zur praktischen Umsetzung ihres Programms befragt. In einem nächsten Schritt werden Beratende/Behandelnde des Präventionsnetzwerks „Kein Täter werden“ oder der Psychotherapeutische Fachambulanz für Sexualstraftäter in München angefragt, Programme zu analysieren und Themen hinzuzufügen, die in früheren Schritten möglicherweise übersehen wurden. Die Perspektive von (potenziellen) Täter*innen auf vorhandene Schutzkonzepte erfolgt anhand Einzel- oder Gruppenbefragungen. Durch eine Ortsanalyse werden zusätzlich in stichprobenartig gewählten Kleinstädten in Bayern Erhebungen in allen Vereinen und Organisationen im Kontext Musik, Kirche und Sport durchgeführt, um die Verfügbarkeit und Umsetzung von Präventionsangeboten in ländlicher Umgebung zu analysieren.

Projektverantwortliche(r):
Herr Prof. Dr. Andreas Jud und Frau Prof. Dr. Manuela Dudeck

Projektmitarbeitende:
Teilstudie Ulm: Herr Marius Stickel M.A. und Frau Teresa Walter M.A.
Teilstudie Günzburg: Frau Dr. Judith Streb und Herr Christian Götzl M.A.

Projektlaufzeit:
05/2022 – 05/2023